„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare.“
(Zitat von Christian Morgenstern)
Menschliches Leid gleichzeitig auf körperlicher und seelischer Ebene zu lindern oder zu heilen ist ein hoher Anspruch. Die Homöopathie ist für mich dafür die sanfteste und zugleich effektivste Heilmethode.
Nach fast drei Jahrzehnten erfüllt mich die Therapie mit homöopathischen Arzneien immer noch mit tiefer Dankbarkeit.
Wenn in unserm Tiefsten geheilt werden kann, ein Entwicklungsschritt gegangen werden kann, und körperliche Symptome in Folge verschwinden, das erfüllt uns immer wieder mit Staunen und Demut.
Similia similibus curentur – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt.
Diese Ähnlichkeitsregel ist das Grundprinzip der Homöopathie. Am besten und tiefsten heilt dasjenige homöopathische Arzneimittel, das in seinem Arzneimittelbild (abgeleitet durch Arzneimittelprüfungen und toxikologischen Symptomen) die Symptome aufzeigt, an denen der Erkrankte leidet.
Hahnemann und seine Nachfolger entwickelten auf dem Boden einer tiefgründigen Philosophie eine sehr gründliche medizinische Heilmethode entlang klaren praktischen Vorgaben. Die moderne Homöopathie ist eine sehr strukturierte, systematisierte, klar definierte Therapierichtung.
Um das möglichst ähnliche Mittel herauszufinden, bedarf es eines mehrstündigen Gespräches, der sogenannten Erstanamnese, in dem die Gesamtheit der Symptome aus dem körperlichen, emotionalen und geistigen Bereich aufgezeichnet wird.
Der Körper ist eine Einheit aus Körper, Seele und Geist. Das Gleichgewicht im Organismus wird durch energetische Vorgänge aufrechterhalten, welche Hahnemann als Dynamis oder Lebenskraft bezeichnete. Die Homöopathie begreift akute oder chronische Krankheit als eine Störung dieser zentralen Lebenskraft.
Die Symptome sind Folge dieser Störung und dokumentieren den Versuch der Lebenskraft, den gesunden Zustand wieder herzustellen.
Sie sind nicht die Krankheit selbst, sondern sicht- und fühlbarer Ausdruck der verstimmten Lebenskraft und damit ganz individueller Ausdruck eines kranken Menschen.
„Der Arzt soll die Kraft und die Natur der Krankheit im Ursprung suchen…, denn den Rauch vom Feuer sollen wir nicht löschen, sondern allein das Feuer.“ Paracelsus
Jeder Mensch hat seine eigene, individuelle Konstitution. Sie gibt Hinweise auf gesundheitliche Schwächen, Anfälligkeiten für bestimmte Erkrankungen und darauf, welche Belastungen imstande sind, bestimmte Krankheiten in diesem Organismus auszulösen. Der Homöopathie geht es darum, die Konstitution, den eigenen inneren Arzt, die eigenen innere Regulationsfähigkeit zu stärken.
All unser Denken, Fühlen, Handeln, ja all unsere körperlichen Symptome sind Ausdruck unserer ureigensten Grundmelodie. Diese zu erkennen, wahrzunehmen, sie anzunehmen eröffnet uns eine innere
Freiheit, mit der es auf eine leichtere und gesündere Weise gelingt das eigenen Leben zu gestalten.
Die homöopatische Reise zum Ursprung der Krankheit ist somit zugleich die Reise zur Quelle der Heilung.
Mensch und Natur sind auf Entwicklung angelegt. Die Psychologie C.G. Jungs beschreibt unser Leben als einen lebenslangen Reifungsprozess zur Selbstwerdung. Das Wachsen, Werden und Reifen ist allem Lebendigen zugrunde gelegt als körperlicher Entwicklungsprozess und als psychischer Entfaltungsprozess. Die Analogie zwischen biologischer Evolution und körperlichem und seelisch-geistigem Reifungsprozess im Menschen erschließt sich uns mehr und mehr. Wir begleiten Menschen in Lebenssituationen, in denen etwas aus dem Inneren an die Oberfläche tritt, das zur Entwicklung ansteht. Das „unzweifelbar Kranke“ nach §3 im Organon (Hahnemanns Grundlagenwerk) ist eine Art Entwicklungsstillstand, der durch die ähnliche Arznei wieder in Bewegung kommen kann, überwunden werden kann.